|
||
Neue Bücher werden von fast allen Verlagen inzwischen mit einer Grundausstattung an Aufmerksamkeitserregungsmitteln auf den Weg geschickt: in der Verlagsvorschau ( für die Buchhändler und Journalisten) erfährt der Leser einiges über den Autor, den Übersetzer, den Inhalt und über die Werbemittel, die Großverlage für ihre Spitzentitel großzügig einsetzen. Das kann vom Schaufensterwettbewerb übers kostenlose Leseexemplar bis hin zur bereits geplanten und festgezurrten Presse- und Lesereise des Autors mit Anzeigen, Plakaten und entsprechender Werbung online und print reichen. Agenturen werden oft dann ins Boot geholt, wenn mit stärker auf den Inhalt bezogenen Informationen ganz gezielt spezielle Medien und Journalisten auf ein bestimmtes Buch angesprochen, Veranstalter aufmerksam gemacht werden sollen, langfristig und mit Geduld an der Präsenz eines Autors in der Öffentlichkeit gearbeitet werden soll. In den Verlagen ist dazu oft nicht die Zeit da - die Kolleginnen dort hetzen von einem Spitzentitel im Frühjahr zum nächsten im Herbst, für andere Bücher ist dann weder Zeit noch Geld übrig. Autoren beginnen, sich häufig selbst nach Fachleuten umzusehen, die sich um sie kümmern, sie finanzieren das selbst oder teilen sich mit dem Verlag die Kosten. Aber Sie fragen ja nach den Methoden. Das kommt immer sehr auf den Inhalt des Buches und den Autor an: Wenn der Spross einer berühmten Autorbauerfamilie Kurzgeschichten vorlegt, macht man andere Journalisten und Medien aufmerksam, als wenn eine ältere Societyfotografin einen Bildband vorlegt oder eine junge Autorin ihren ersten Krimi. Jede Kontaktaufnahme zielt darauf ab, eine Rezension, ein Interview, eine Einladung in eine Talkrunde anzubahnen - persönliche, gewachsene Kontakte zu den Journalisten, ein aktuelles Adressbuch mit mehreren tausend detaillierten Einträgen und eine intime Kenntnis der Medienlandschaft und ihrer strukturellen Veränderungen sind Voraussetzung. Alles andere - das Schreiben von Pressetexten, das Organisieren von Presskonferenzen oder Events, das ist dann Handwerk. > Was davon hat sich als besonders wirksam erwiesen? Das kann man nicht einfach so beantworten. Denn es gibt Zeiten, in denen Bücher, so gut und interessant sie auch sind, einfach niemanden interessieren. Da kann man sein ganzes Instrumentarium ausprobieren - über ein paar Insider hinaus gibts keine Medienresonanz. Und ab und an ein Kairos: Für einen Krimiautor aus Algerien habe ich mich einmal ein Jahr lang abgemüht - keine nennenswerte Resonanz in den Medien, ein paar Besprechungen, aber so richtig engagiert hat sich für den extremen Kritiker seines Landes niemand. Nach 9/11 war dann alles anders: händeringend suchten Medien nach kritischen, „vernünftigen“ Stimmen aus der arabischen Welt, wollten erklärt bekommen, wie das geschehen konnte - da konnte ich nur einen Bruchteil der Interviewwünsche für meinen Autor erfüllen. Gunst der Stunde eben, Kairos! > Alles redet von viralem Marketing, dem Begriff, der die Mund-zu-Mund-Propaganda umschreibt. Wie kann man dies in Gang setzen? Je bekannter die Menschen sind, die das virale Marketing anstoßen, umso größer die Erfolgsaussichten. Erinnern Sie sich an Judith Herrmann? Monika Maron und Katja Lange-Müller waren die beiden Autoritäten, von denen das Gerücht ausging, da sei eine neue Stimme in der deutschen Literatur zu entdecken. Die Kurzgeschichten wurden gelesen, obwohl Verlage meinen, nur Romane seinen erfolgversprechend. Die meisten Rezensenten schlossen sich Lange-Müllers und Marons Einschätzung an. Dann belebte noch ein gutes, ein auratisches Foto der Autorin die Aufmerksamkeit und der "Spiegel", der alles verschlafen hatte, warf dann noch den Begriff "Fräuleinwunder" in die Debatte (die ja keine war) - das Ende der Geschichte ist nach der Verfilmung nicht absehbar. Ein Marketingfachmann brachte für mich plausibel Bucherfolge auf die Formel: ein Drittel Werbung - ein Drittel Presse - ein Drittel Mundpropaganda. Und die muss nicht von Schriftstellerkollegen via werblichem Quote ausgehen: der Erfolg der Frau Schenkel zeigt: Leserbegeisterung schafft ihn auch! > Glauben Sie, dass filmische Buch-Trailer kommen werden oder eher solche Spielideen, wie fitzek sie im letzten Jahr iniziiert hat? Da bin ich nicht sehr kompetent. Ich weiß nur, dass die Filmindustrie scharf auf Stoffe ist und viele Autoren bereits die Umsetzung fürs Drehbuch im Kopf haben. Ob das der Literatur guttut - ich weiß es nicht. Jedenfalls gehört es zu einer Tendenz, die süffige, unterhaltsame Bücher eher Käufer und Liebhaber finden lässt, als hermetisch-sperrige. > Lohnt sich Buch-PR überhaupt? Oder setzt sich das gute, das bessere Buch von selbst durch? Ich spreche nicht pro domo - aber angesichts der Titelflut, die jeden Monat über Buchhändler, Käufer und Kritiker hereinbricht, lohnt PR immer. Auch wenn nur im Rahmen kleinster Budgets ein paar Kontakte und ein wenig Aufmerksamkeit erzeugt werden. Auch wenn das nicht gleich umschlägt in höhere Verkäufe - es kann beim nächsten Buch sich auszahlen oder ein paar Einladungen zu Vorträgen oder Lesungen einbringen, oder ein paar Kontakte zu Kritikern generieren .... Kluge Autoren oder Künstler wissen das und sind in ihren Erwartungen zurückhaltend. Für die vielen guten Bücher, die sich nicht sofort durchgesetzt haben, gibt es ja viele Beispiele - denken Sie an Proust, an Kafka. Oder Robert Walser. Verschwindend geringe Auflagen über viele Jahre! PR kann, wenn sie flankiert ist von massivem Marketing und teuren Werbemitteln, auch schlechte Bücher in die Bestsellerlisten drücken. In den literarischen Olymp kann sie sie nicht katapultieren, haltbar für die Ewigkeit kann sie sie schon gar nicht machen. Allerdings kann sie aus banalen oder trivialen Inhalten leichter conversation-pieces machen, wie unser neuester Familien- und Mütterdiskurs zeigt. Margarete Schwind Inhaberin und Gründerin von SCHWINDKOMMUNIKATION, Kultur- und BuchPR, in Frankfurt am Main und Berlin.
|